Verbote verboten: Nudging im Diversity Recruiting und Unternehmensalltag

Schon seit einigen Jahren geistert der Begriff Nudging herum – z. B. in der Werbung und in der Politik. Mittlerweile ist er auch im Bereich HR angekommen. Doch was bedeutet Nudging eigentlich genau, wie funktioniert es und wie kannst Du es einsetzen, um Deine (potenziellen) Mitarbeiter*innen positiv zu beeinflussen? All das erfährst Du in diesem Artikel.

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Reemko Ruth
Der Wort-Wizard mag nicht nur allerlei ausgefallene Alliterationen, sondern versorgt Euch am liebsten mit News zu den Themen Employer Branding, Social Recruiting und Personalmanagement.

Was ist Nudging?

Gute Frage! Selbst, wer ganz gut Englisch sprechen kann, hat dieses Wort vielleicht noch nie gehört. To nudge kann man mit stoßen, schubsen oder drängen übersetzen. Tatsächlich klingt das ein bisschen doll, denn Nudging ist eigentlich viel sanfter. Es geht darum, Menschen auf subtile Weise dazu zu bringen, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen – also so, dass sie gar nicht merken, dass sie beeinflusst wurden. Es geht also eher um einen Anstupser.

Das Ganze passiert dann logischerweise ohne offensichtlich kommunizierte Verbote und Regeln. Aber wie gelingt dann die Verhaltensänderung?

Was sind Beispiele für Nudging?

Ein typisches Beispiel, das außerdem schnell und einfach klar macht, wie Nudging funktioniert, ist der Nutri-Score. Kennst Du bestimmt! Das ist die kleine, bunte Kennzeichnung auf Lebensmitteln mit den Buchstaben A („gesund“) bis E („ungesund“). Man verbietet Leuten also nicht, ungesunde Produkte zu kaufen, aber durch den Nutri-Score sollen sie sanft dazu animiert werden, gesunde Produkte zu kaufen.

Easy, oder? Das ist das Prinzip des Nudgings. Man könnte es auch so zusammenfassen: Nudging arbeitet mit Anreizen statt mit Verboten.

Hier kommt noch ein kleines, ähnliches Beispiel. Es zeigt, wie Nudging im Unternehmenskontext aussehen kann. Say it with signs: Das Anbringen unaufdringlicher und vielleicht sogar witziger Hinweisschilder kannst Du nutzen, um Mitarbeiter*innen sanft daran zu erinnern, energiebringende Pausen zu machen, ausreichend Wasser zu trinken oder die Arbeitsküche sauber zu halten. Mehr dazu später.

Moment mal! Ist Nudging Manipulation?

Äh, ja, das ist so eine Sache! Wenn man es positiv formulieren will, könnte man sagen: Nudging ist eine Möglichkeit, Menschen zu leiten, ohne dass diese sich manipuliert fühlen. Aber: Der Duden umschreibt „manipulieren“ mit den Worten „durch bewusste Beeinflussung in eine bestimmte Richtung lenken“. In diesem Sinne ist Nudging durchaus manipulativ. Denn die Ausführenden tun es bewusst, während es die Empfänger*innen im Normalfall gar nicht merken, sondern unbewusst eine Steuerung erfahren.

Klar, es gibt sicherlich krassere Methoden. Aber weil auch Nudging einen leicht manipulativen Charakter hat, ist es besonders wichtig, verantwortungsvoll mit dieser Methode umzugehen. Sie sollte nur dann eingesetzt werden, wenn das Ergebnis des Nudgings für die Empfänger*innen positiv ist.

Nudging Boxhandschuhe

Was sind Nachteile von Nudging?

Die letzten Zeilen zeigen: Mit Nudging kann man auch übers Ziel hinausschießen, wenn man es übertreibt. Nudging-Nachteile können sein:

  • Bevormundung: Im Idealfall bemerken Menschen nicht, dass sie genudged werden. Wenn Du Nudging aber zu oft oder zu penetrant einsetzt, kann das dazu führen, dass deine Mitarbeiter*innen Dir auf die Schliche kommen und sich bevormundet fühlen.
  • Unselbstständigkeit: Übertriebenes Nudging kann auch dazu führen, dass Mitarbeiter*innen mit der Zeit verlernen, eigene Entscheidungen zu treffen.

Wie fördert Nudging das Diversity Recruiting?

Im richtigen Maß verwendet, kannst Du mit Nudging aber viel bewegen und Positives bewirken – auch im Recruiting. Beispiel: Diversität. Gerade beim Thema Diversity Recruiting kannst Du mit Nudging tolle Erfolge erzielen. Im ersten Beispiel werden Talente genudged, in den anderen die Rekrutierenden:

  • Zeige auf der (Karriere-)Website, wie divers Dein Unternehmen ist: Das kannst Du auf verschiedene Arten tun. Unter anderem kannst Du durch authentische Fotos aus dem Arbeitsalltag zeigen, dass Dein Unternehmen bunt ist. Darauf sollten z. B. Mitarbeiter*innen aus verschiedenen Generationen, aus unterschiedlichen Nationen und mit gesundheitlichen Einschränkungen zu sehen sein. Auch denkbar: Lasse Deine Mitarbeiter*innen und die Führungskräfte zu Wort kommen (in Text- und/oder Videoform). Sie können darüber sprechen, wie Diversität in Deinem Unternehmen gelebt wird. Im besten Fall sind sie auch selbst divers.
  • Sprich mit sprachlicher Diversität alle Talente gleichermaßen an: Stellenanzeigen sprechen oft, meist von den Unternehmen gar nicht beabsichtigt, eher männliche Bewerber an. Das liegt an Gender Codes. Das sind Schlüsselwörter, die entweder eher Männern oder Frauen zu einer Bewerbung bewegen. Achte darauf, männliche (z. B. logisch) und weibliche Gender Codes (z. B. loyal) gleichermaßen zu nutzen – bzw. eher weibliche, wenn Frauen in Deinem Unternehmen unterrepräsentiert sind. Am Ende des Artikels findest Du dazu einen kostenlosen Download.
  • Anonymisiere eingegangene Bewerbungen: Entferne aus den Bewerbungsunterlagen alle Informationen (z. B. Alter, Geschlecht, Herkunft), die Rückschlüsse auf die Person dahinter zulassen – sodass nur noch die Qualifikationen entscheiden. Gib die Unterlagen erst dann an die Entscheider*innen weiter. Du bist selbst direkt in die Einstellungsentscheidung involviert? Dann bitte Kolleg*innen, den genannten Schritt durchzuführen oder nutze ein Tool dafür.
  • Stelle Interview-Teams zusammen, die divers sind: Und noch ein Tipp fürs Diversity Recruiting. Wenn die Bewerbungsgespräche rund um eine zu besetzende Stelle von Interview-Teams geführt werden, die selbst divers sind, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass diese auch bei der Auswahl des besten Talents auf Diversität achten.

Wie kann Nudging im Unternehmensalltag aussehen?

Auch im Arbeitsalltag Deines Unternehmens kannst Du mit Nudging positive Effekte erzielen. Klar, auch hierzu haben wir Dir ein paar Beispiele mitgebracht:

  • Mache Events und Angebote „verpflichtend“: Du bietest tolle Teambuilding-Events oder Gesundheitsangebote (z. B. Betriebsyoga) an, aber nur wenige Mitarbeiter*innen sind dabei. Dann mache es doch einfach so, dass diese automatisch dafür eingetragen werden. Wer nicht dabei sein möchte, muss aktiv werden und sich abmelden. Damit steigt die Chance, dass mehr Mitarbeiter*innen dabei sind.
  • Sorge dafür, dass Meetings kürzer und effizienter werden: Das kennen wohl die meisten von uns – ewig lange und wenig produktive Meetings. Eine Idee dazu: Setze doch in dem Tool, in dem deine Mitarbeiter*innen ihren Arbeitstag planen, die standardmäßig vorgeschlagene Meetingzeit ein wenig herunter. Das kann dazu führen, dass die Meetings kürzer und effizienter werden.
  • Mache gesunde Ernährung einfacher als ungesunde: Wer gut und gesund ist, ist leistungsfähiger und produktiver. Aber mal unter uns: Auch wir greifen gerne mal zum Schokoriegel statt zum Apfel, obwohl wir es besser wissen. Ein Tipp: Mache Obst und gesunde Snacks in Deinem Unternehmen gratis und leicht zugänglich – z. B., indem Du an vielen Orten Schalen aufstellst. Und stelle den ungesunden Bezahl-Snackautomaten an einen ungünstigen Ort.

Wir wünschen Dir viel Erfolg beim Nudgen! Wenn Du die Methode geschickt und gewissenhaft einsetzt, ist sie eine tolle Sache, die Gutes für alle Beteiligten mit sich bringt.

Hier kommt nun der versprochene Link, unter dem Du Dir unser kostenloses PDF zum Thema Gender Codes downloaden kannst. Pushe das Diversity Recruiting in Deinem Unternehmen mit nur wenigen, aber entscheidenden, Wörtern.

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New Framework

Bildquelle: Mikhail Nilov| pexels.com

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