Quiet Quitting: Selbstfürsorge oder Faulheit?

Aufgaben, die nicht Teil des Jobs sind, selbstverständliche Überstunden und ständige Erreichbarkeit – Arbeitsalltag vieler Arbeitnehmer*innen. Schluss damit! Viele Arbeitnehmende ziehen einen Strich und machen Dienst nach Vorschrift. Vorrangig, um die mentale Gesundheit zu erhalten und einem Burnout zu entgehen. Es gibt dafür einen Begriff: „Quiet Quitting“. 

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Vom TikTok-Video zum etablierten Begriff: Was ist Quiet Quitting?

„Work is NOT your life. Your worth is not defined by your productive output.“

Auf Deutsch: „Arbeit ist nicht dein Leben. Dein Wert wird nicht durch deine Produktivität definiert.” Diese Worte nutzte im Juli der TikToker zaidleppelin und prägte in seinem Video den Begriff Quiet Quitting: Man muss in seinem Job nicht immer alles geben. Das Video ging viral, wurde millionenfach angeschaut und erzielte bis heute knapp eine halbe Million Likes. 

Quiet Quitting wird oft missverstanden

Wörtlich übersetzt heißt der Begriff „stille Kündigung“ – was es aber eigentlich gar nicht bedeutet! Quiet Quitting meint, dass man einen Gang zurückschaltet. Nicht mehr Überstunden ohne Ende schieben, keine Erreichbarkeit und Arbeit über die Grenzen des Zumutbaren hinaus. Weg von der „Ich lebe, um zu arbeiten“-Mentalität, raus aus der sogenannten Hustle Culture

Selbstverständlich gehen alle noch ihrer Arbeit und ihren Pflichten nach – nur eben innerhalb der Arbeitszeit. Quiet Quitters legen also nicht die Füße hoch und lassen andere ihren Job machen.

Welche Rolle spielen die Gen Z und die Gen Y? 

Werfen wir mal einen Blick in die Studie von Deloitte: „THE DELOITTE GLOBAL 2022 GEN Z & MILLENNIAL SURVEY“.

Aktuell steht die Wirtschaft nicht wirklich gut da: Großteils gleichbleibende Gehälter bei steigender Inflation. Wieso sollten also Angestellte genauso motiviert weiter­arbeiten wie noch vor einiger Zeit? Logisch, dass viele Firmen Angst vor einem Produktivitäts-Tief haben! Kleines Beispiel aus Amerika? Die Produktivität ist überall (außer in der Landwirtschaft) um 2,5 % gesunken.

Doch warum ist das so? Das kann man nur mutmaßen. Ein Grund wäre die Corona-Pandemie. Vor allem im Homeoffice verschwammen die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit. Die Folge: Reihenweise Burnout. Logisch, dass das kein Mensch mehr möchte! Allerdings greifen manche Unternehmen aus Angst, dass sich die Mitarbeitenden einen faulen Lenz machen, häufig mal zu seltsamen Mitteln: Überwachung der Tastatur- oder Bildschirmaktivität zum Beispiel. Seriously?!

Vor allem die Generation Z hat Probleme auf dem aktuellen Arbeitsmarkt. Berufseinsteiger*innen verdienen meist noch nicht so viel Geld, die hohen Preise von Miete, Strom, Lebensmitteln etc. gehen aber trotzdem beständig nach oben. Die Folgen hiervon liegen auf der Hand: finanzielle Ängste und Stress. Laut der Studie möchten ca. 40 % innerhalb der nächsten beiden Jahre kündigen und sich einen besser bezahlten Job suchen. Was sich allerdings auch als schwierig gestaltet, denn ohne Berufserfahrung ist es schwer, gleich einen hochdotierten Job zu bekommen.

Ein weiterer, sehr interessanter Aspekt, der sich aus der Studie herausarbeiten lässt: Die Teilnehmer*innen nehmen ihre Anstellung und ihren Job als nicht so wichtig wahr. Während Corona haben sie festgestellt, was in ihrem Leben von wirklicher Bedeutung sei. Und dazu gehört eine zufriedenstellende Work-Life-Balance.

Von der Hustle Culture zum Quiet Quitting

Von der was? Hustle bedeutet übersetzt „Eile“ und Culture „Kultur“. Der Begriff beschreibt im Prinzip eine Arbeitskultur, in der jede*r nur noch in Hektik ist, alles auf einmal erledigen will (oder soll!) und man sich ständig gegenseitig übertrumpfen muss, um gesehen zu werden. Hallo Mental Load, hallo Burnout, hallo Arbeitssucht

Viele arbeiten freiwillig hart, weil sie wirklich Spaß an ihrer Arbeit haben und Beruf auch Berufung ist. Was aber – ganz realistisch gesehen – eher einen geringen Prozentsatz aller Arbeitnehmenden betreffen dürfte. 

Dann gibt es diejenigen, die gerne arbeiten, aber einfach so unfassbar viel leisten müssen, da Personal fehlt. Nicht nur in der Pflege und anderen sozialen Berufen, sondern auch in Büros und am Fließband. Der omnipräsente Personalmangel eben. 

Die letzte Gruppe der „Hustler“ sind diejenigen, die wie verrückt arbeiten, weil sie Angst um ihren Job haben. Wer nicht mehr so viel leistet, fliegt. Traurig, aber leider nicht so selten. 

Doch das kann nicht die Lösung sein! Deshalb gehen viele jetzt den Weg des Quiet Quitting. Nicht, weil sie innerlich kapituliert und gekündigt haben, sondern weil sie sich nicht kaputt arbeiten wollen. Auch Quiet Quitters leisten eine gute Arbeit und sind produktiv – nur eben in der bezahlten Arbeitszeit. 

„Work can give us meaning and purpose. It’s part of a thriving life. We should absolutely reject “hustle culture” and burnout (I believe this so strongly I founded a company with that as its mission). But rejecting burnout doesn’t mean rejecting the possibility of finding joy in our work, loving our work.“

Ariana Huffington (Founder and CEO von Thrive) schrieb dies in ihrem LinkedIn-Post. Sie äußerte sich darin wie folgt: „Wir sollten die Hustle Culture und Burnout absolut ablehnen. […] Burnout abzulehnen, bedeutet allerdings nicht, die Möglichkeit zu haben, Freude an unserer Arbeit zu haben und unsere Arbeit zu lieben.“ 

kapitulieren

Quiet Quitting: Letzter Halt vor dem Burnout?

Nicht nur aus Unternehmenssicht, sondern auch aus der Perspektive von Arbeit­nehmenden ist es kontraproduktiv, Quiet Quitting in Form von Distanzierung und kompletter Lustlosigkeit auszuleben. Dann sollte man doch lieber über einen Job- oder Branchenwechsel nachdenken.

Wenn man sich jedoch dafür entscheidet, nicht ständig über die Arbeitszeit hinaus zu werkeln, nicht mehr jedes Projekt annimmt, nicht 60 Stunden die Woche erreichbar ist – dann ist es eine wirklich gute Sache! Logisch: Eine gute Work-Life-Balance ist immer besser für die physische sowie mentale Gesundheit.

Die befragten Expertinnen und Experten sind sich in einer Sache allerdings nicht einig: Ob es wirklich einem Burnout vorbeugen kann – denn viele ziehen die Reißleine erst, wenn es schon zu spät ist. Jedenfalls sollte sich jede*r während des oder nach dem Quiet Quitting nach wie vor wohlfühlen und die Arbeit gerne verrichten.

Was sollten Arbeitgeber ändern?

So die Theorie, kommen wir zum praktischen Teil. Was kannst Du also tun, um im Unternehmen eine gute Work-Life-Balance zu schaffen und Quiet Quitting vorzubeugen? Wir haben ein paar Tipps für Dich:

#1 Finde heraus, was Deine Mitarbeiter*innen wollen

Gar nicht so leicht, geben wir zu. Schließlich wollen die Bedürfnisse der Generationen X, Y und Z unter einen Hut gebracht werden. Aber nur, wer spricht, kann gehört werden! Da Du den Leuten ja auch nur bis vor die Stirn schauen kannst, mache eine Umfrage, gern auch anonym. So wirst Du sicher viel Feedback bekommen, was Optimierungspotenzial hat.

#2 Den Arbeitsalltag flexibel gestalten

Spätestens nach den letzten beiden Jahren haben sehr wenige Unternehmen noch einen Grund, die Mitarbeiter*innen ins Büro zu holen. Flex Office ist hier das Zauberwort. Schenke Vertrauen, niemand muss die Extrameile gehen, weil er oder sie Angst hat, den Stempel „im Homeoffice wird nix geschafft“ zu bekommen. Und mal ganz ehrlich: Faule Leute arbeiten vor Ort auch nicht.

#3 Wertschätzung

Wir kennen es alle: Projekte, Meetings und Krimskrams, der viel Zeit frisst, aber auch erledigt werden möchte. Erkenne die Leistung der Mitarbeitenden an und sage es offen! Wer sich wertgeschätzt fühlt, arbeitet lieber. Ein Ausdruck von Wertschätzung ist übrigens auch, Aufgaben und Ziele gemeinsam zu definieren. Nur weil jemand seine Arbeit gut macht, heißt das nicht automatisch, dass er oder sie Aufgaben auch gerne macht.

#4 Nicht mehr verlangen als möglich

Jede*r von uns hat begrenzte Ressourcen. Die einen mehr, die anderen weniger. Aber bleibe realistisch bei den Anforderungen! Niemand kann dauerhaft über Level arbeiten. Sonst werden aus Mitarbeitenden Quiet Quitter und irgendwann dann nur noch Quitter.

#5 Gesundheitsförderung

Der obligatorische Obstkorb ist zwar nett, aber das zieht mittlerweile nicht mehr. Biete Programme zur Gesundheitsförderung an. Ob Ihr euch alle zusammen ein paar Minuten für ein paar Dehnungsübungen nehmt, gemeinsam lecker kocht oder jede*r lieber für sich ins Fitnessstudio geht – ganz egal. Flexibilität ist hier das Stichwort. Du kannst Kurse anbieten oder die Membership Card bezahlen. Hauptsache es ist für die meisten was dabei. 

Zur Gesundheitsförderung gehört allerdings auch, Arzttermine während der Arbeitszeit zu erlauben. Nicht nur für Vollzeit Arbeitende ist es nahezu unmöglich, einen Termin innerhalb der Sprechzeiten wahrzunehmen – denke auch an die Angestellten in Teilzeit. Sie haben in der Regel nicht weniger Stunden, um daheim auf der Couch zu liegen.

Fazit: Wie man´s macht … 

Nein, pessimistisch möchten wir diesen Artikel nicht enden lassen. Es wird immer Leute geben, die ins Quiet Quitting rutschen – sei es aus Überforderung, Desinteresse oder kompletter Überlastung. Dennoch kannst Du als Arbeitgeber sehr effektiv dagegenwirken. Nutze die Chance!

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Bildquelle: Breakingpic | pexels.com; Jackson Simmer | unsplash.com

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