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Viele Arbeitnehmende fühlen sich wohl bei der Arbeit, ja geradezu mit ihr verbunden. Hier noch ein schneller Anruf, da noch mal eben eine kurze E-Mail. Zwar sind eine gewisse Leidenschaft, Ehrgeiz und Engagement im eigenen Beruf wichtig für den Erfolg der meisten Menschen. Trotzdem gibt es ein „Zuviel“ dieser Eigenschaften: Arbeitssucht.
Was ist ein Workaholic, was ist Arbeitssucht und wie kannst Du entgegenwirken? Das erfährst Du in unserem Artikel.
Arbeitssucht, oder auch Workaholismus, ist eine Sucht, bzw. eine krankhafte Übersteigerung, die keinesfalls auf die leichte Schulter zu nehmen ist. Diejenigen Workaholics, die eine solche Arbeitswut an den Tag legen, werden oft als besonders engagiert oder sehr strebsam angesehen. Was auch stimmt, nur in einem übertriebenen Maße – Arbeitssüchtige sind nicht mehr in der Lage, Feierabend zu machen. Sie beenden ihre Arbeit nie, weder mental noch körperlich. Der Job nimmt zunehmend mehr Raum im Leben der betroffenen Personen ein, bis keine Zeit mehr für andere Aktivitäten oder gar die Familie und soziale Kontakte bleibt.
Arbeitssucht gehört nicht zu den stoff-/substanzengebundenen Süchten (wie beispielsweise Kaufsucht), sondern zu den Verhaltenssüchten. Sie ist nicht als offizielle Diagnose (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme / ICD-10) anerkannt, obwohl sie Kriterien einer Sucht erfüllt, beispielsweise:
Aber: Auch bei einem geringen oder normalen Arbeitsausmaß kann ein Suchtverhalten bzw. suchtartiges Benehmen zu erkennen sein.
Wir wissen: Jeder Mensch ist individuell und springt auf dieselben Dinge nicht in gleichem Maße an. Dennoch gibt es ein paar Risikofaktoren, die die Möglichkeit, an Arbeitssucht zu erkranken, erhöhen. Diese sind beispielsweise:
Sorgfalt und ein gesundes Maß an Perfektionismus sind grundlegend gute Eigenschaften – übertreiben sollte man es trotzdem nicht mit dem „Perfekt-Sein-Wollen“. Dies ist nämlich schlicht nicht möglich.
Wirklich große Themen in fast jeder Lebenslage sind das soziale Umfeld und die Prägung, die wir alle unweigerlich mitbekommen. Herrscht ein großer Druck auf mich? Muss ich durchgehend 110 Prozent geben – im Job und zu Hause? Wird erwartet, dass diese eine Mail heute noch rausgeht, egal, um wie viel Uhr? Oder kann ich auch in Ruhe am nächsten Tag nochmal darüber nachdenken und auch daheim einfach mal fünfe gerade sein lassen?
Die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt haben wir schon mehrfach beleuchtet: Fachkräftemangel, zu wenige Bewerbungen und dann on top noch der Vorschlag einer 42-Stunden-Woche. Und das, obwohl fast jede Branche und Mitarbeitende bereits am Anschlag laufen. Diese Faktoren spielen eine große Rolle, um in eine Arbeitssucht zu rutschen: Mehr Arbeit, mehr Engagement mit den Ergebnissen Überlastung oder gar Burnout. Dazu kommt, dass bei dauerhaftem Homeoffice die Grenzen zwischen Arbeit und Privat verschwimmen können. Der eine Anruf kann ja noch schnell getätigt werden, denn „man ist ja eh da“.
Arbeitssucht kann auch auf private Bereiche zutreffen. Erhält ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin im Beruf zu wenig Anerkennung und Wertschätzung, kann sie dazu neigen, sich diese im privaten Umfeld zu suchen – beispielsweise durch einen enormen Einsatz in Vereinen oder ehrenamtlichen Tätigkeiten.
Getreu dem Motto „Ich lebe, um zu arbeiten“ kann eine zu starke Identifikation mit der eigenen Anstellung das Risiko stark erhöhen, an Arbeitssucht zu erkranken. Wie schön, wenn man gerne zur Arbeit geht, aber wird der Beruf zum Lebensinhalt, liegt darin die Gefahr, sich nicht mehr in den Feierabend verabschieden zu können.
Auch hier schließt sich der Kreis mit der Situation am Arbeitsplatz. Wie viel Verantwortung kann eine Person tragen? Verantwortung ist wunderbar und wichtig – aber es sollte nicht zu viel davon auf zwei Schultern abgeladen werden. Sonst dreht sich das Hamsterrad unentwegt im Kopf, denn es ist „nur“ noch diese eine Mail, „nur“ noch dieser Anruf, „nur“ noch dieses Meeting.
Es mag skurril klingen, aber ein weiterer Faktor, nach Arbeit süchtig zu werden, ist mangelnde Wertschätzung seitens des Arbeitgebers. Mitarbeitende, denen nicht viel zugetraut wird oder die fast schon unterfordert sind, können dazu neigen, sich immer mehr zu engagieren. Und zwar so viel, dass sie in die Arbeitssucht rutschen – kein guter Preis für mehr Wertschätzung und Anerkennung.
Im Mai 2022 gab die Hans-Böckler-Stiftung eine repräsentative Studie heraus, in der die Daten von 8.000 Erwerbstätigen ausgewertet wurden. Diesen wurden fünf Fragen über ihr Arbeitsverhalten vorgelegt. Das Ergebnis: 9,8 Prozent der deutschen Erwerbstätigen arbeiten suchthaft. Ganze 33 Prozent exzessiv und 54,9 Prozent gelassen.
Damit hat Deutschland einen Wert erreicht, der nahe an den Ergebnissen aus Studien anderer Länder liegt.
Aus der Studie konnten allerdings noch mehr Erkenntnisse gewonnen werden: Bei der suchthaften Ausübung der (Erwerbs-)Arbeit gibt es nur einen sehr schwachen Unterschied soziodemografischer Merkmale, also in unserem Falle Familienstatus und Schulabschluss. Viel eher stachen zwei andere Zahlen ins Auge:
Arbeitssucht als Krankheitsbild ist gar nicht mal so leicht zu erkennen – schließlich ist der Grat zwischen großem Engagement und Workaholic schmal und der Übergang schleichend.
Wir haben Dir ein paar wesentliche Merkmale zusammengetragen, anhand derer Du Arbeitssüchtige erkennen kannst:
Um einen bestimmten Punkt mentaler Begeisterung zu erreichen, arbeiten Betroffene immer mehr und mehr. Die Grenze setzt sich schleichend immer weiter nach oben.
Workaholics können sehr schlecht oder – im schlimmsten Falle – gar nicht mehr das Ausmaß und die Dauer der eigenen Arbeit kontrollieren.
Wird die Arbeit unterbrochen oder beendet, reagiert der- oder diejenige mit Unruhe, Gereiztheit, Schweißausbrüchen etc.
Entspannung und Erholung sind kaum oder nicht mehr möglich. Gedanklich sind Workaholics stetig bei der Arbeit und den To-Dos. Aber gerade Pausen sind unglaublich wichtig, um sich wieder neu auf etwas einlassen zu können.
Dies bedeutet, dass die Arbeit zwar als Sucht wahrgenommen wird, aber nicht intrinsisch abgestellt werden kann.
Wer viel arbeitet, hat wenig Zeit für Hobbies, Freunde und Familie. Wer allerdings arbeitssüchtig ist, hat gar keine Zeit mehr. Soziale Kontakte brechen ein oder fallen ganz weg.
Zu den typischen Symptomen von Workaholismus zählt außerdem ein sehr ausgeprägtes Konkurrenzdenken. Höher, schneller, weiter – immer besser als alle anderen.
Arbeit und Süchte sind so alt wie die Menschheit selbst, schon immer gab es bei vielen ein Ungleichgewicht zwischen Arbeitsbelastung und Freizeit. Gerade in unserer digitalen Welt ist es besonderes schwierig, der „Droge“ Arbeit zu entkommen. Das Smartphone liegt ständig parat, die Smartwatch zeigt jede neue Nachricht an und der Laptop ist schnell mit auf die Couch genommen.
Wir können Dir kein Patentrezept geben, aber haben ein paar Tipps, wie man der Überlastung oder gar Arbeitssucht vorbeugen kann:
Wir haben Dir nun einen Überblick über Arbeitssucht gegeben, stellen aber keine medizinische Fachberatung dar. Hast Du das Gefühl, dass jemand in Deinem näheren Umfeld dauerhaft ein ungesundes Arbeitspensum erreicht oder siehst Du Dich sogar selbst als Workaholic, gibt es hier verschiedene Anlaufstellen:
Der große Work-Life-Balance Maßnahmen-Katalog
Bildquelle: 0fjd125gk87 | pixabay.com; Anthony Tran | unsplash.com
* Wenn wir, dem Lesefluss zuliebe, nur ein Geschlecht nennen, so möchten wir klarstellen, dass immer ausdrücklich alle Geschlechter (m/w/d) gemeint sind.
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