Bist Du fair zu Deinen Bewerbern?
- Unbewusste Fallen
- Selbst-Test
- Häufigste Fehler
Egal ob im Fachkräftemangel oder während er Pandemie: Manche Arbeitnehmergruppen haben es auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor immer noch schwer. Dazu zählt vor allem die Generation X. Meist hindern uns unbewusste Vorurteile daran, etwa die junge IT’lerin aus Äthiopien als Rising Star der Tech-Szene zu akzeptieren oder den Mittfünfziger in der Altenpflege – ist schließlich ein “Frauenberuf”. Die Geschichte zeigt aber: Damit entgehen manchem Unternehmen vielversprechende Ressourcen.
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Mehr InformationenHast Du schon mal von dem Film „Hidden Figures“ gehört? Er handelt davon, wie sich die USA und die Sowjetunion in den 50er und 60er Jahren ein Wettrennen lieferten, wer das erste Spaceshuttle ins Universum schickt. Die Umsetzung der Mission setzte technisches und mathematische Know-how voraus. Da es aber so kurz nach dem zweiten Weltkrieg an Männern mangelte, beschäftigte die US-Raumfahrtbehörde NASA eine Gruppe Afroamerikanerinnen.
Ohne sie wäre die Mission nie zustande gekommen. Ihre Namen kennt heute aber niemand mehr! Schade. Vielleicht hätten sich viele Menschen ansonsten schon viel früher von dem unbewussten Vorurteil gelöst, dass Frauen nichts mit Technik am Hut haben – schon gar nicht, wenn sie dunkelhäutig sind.
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Mehr InformationenSolchen Denkmustern verfallen leider selbst die Tolerantesten unter uns. Wir alle stecken Dinge, die wir wahrnehmen, in Schubladen. Das macht es uns einfacher, Ereignisse oder Sachverhalte schnell einzuordnen und Entscheidungen zu treffen. Manchmal werfen wir aber auch Aspekte in ein- und dieselbe Schublade, die gar nichts miteinander gemein haben. Aus diesen fehlerhaften Zuordnungen entstehen dann Vorurteile. Manche davon sind so alt und so tief in uns verankert, dass wir uns nicht einmal mehr darüber bewusst sind, dass wir unsere Entscheidungen danach ausrichten.
Diese unbewussten Vorurteile – oder auch Unconscious Biases – können bei der Personalauswahl schnell zu einer Diskriminierung führen. So landet die Bewerbung der jungen Mama, die sich auf eine Führungsposition bewirbt, wahrscheinlich eher auf Ablagestapel P als die des männlichen Mitbewerbers. Obwohl auch dieser Kinder in einem ähnlichen Alter hat.
In vielen Köpfen springt hier das immer gleiche das Gedankenkarussell an: „Wie soll die Bewerberin ihre Führungsverantwortung mit einem Kind unter einem Hut bringen? Wahrscheinlich ist sie mehr ab- als anwesend. Kleine Kinder sind ja so oft krank!“ Wer aber sagt, dass nicht der Ehemann einspringt, wenn der Nachwuchs schnieft und hustet? Niemand! Außer die Stereotype, die wir alle verinnerlicht haben: Eine Frau gehört zu ihrem Kind. Und: Der Mann ist derjenige, der die Karriere macht.
So etwas passiert leider noch ziemlich oft, wie eine aktuelle Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung belegt. Das Ergebnis: „Mütter wurden deutlich seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen als kinderlose Frauen. Sie mussten rund ein Drittel mehr Bewerbungen schreiben, um eine Einladung zu erhalten. (…) Väter haben dagegen die gleichen Chancen wie kinderlose Männer, einen Job zu finden“, wie auf Xing nachzulesen ist.
Auf diese Weise entgeht Unternehmen viel Potenzial, wie wiederum eine Studie der Boston Consulting Group (BCG) in Kooperation mit der Technischen Universität München schon im Jahr 2016 nachwies. Der Tenor: Gehen mehr als 15 bis 20 Prozent der Führungsjobs an Frauen, nimmt die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens zu. Zum Beispiel, weil weibliche Managerinnen einen anderen Blickwinkel beim Treffen von Entscheidungen einnehmen als ihre männlichen Kollegen. Das kann bereichernd sein.
Unter unbewussten Vorurteilen leiden aber nicht nur Frauen. Häufig treffen sie auch die Generation 50 Plus. Bei den Bewerbern mit grauen Schläfen schrillen ebenso die Alarmglocken vieler Personaler: Zu träge, zu unflexibel, gedanklich schon im Ruhestand. Und tschüss!
Exkurs | So wirst Du Deine eigenen Vorurteile im Recruiting los
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Mehr InformationenWir alle sind genetisch darauf programmiert, auf Unbekanntes misstrauisch zu reagieren. Dagegen kann auch der beste Recruiter erstmal nichts tun.
Je mehr Du Dich jedoch mit ungewohnten Dingen beschäftigst, desto gewohnter werden sie. So kannst Du Dir zum Beispiel eine unterbewusste Abwehrhaltung gegenüber bestimmten Minderheiten selbst abtrainieren.
Dabei können die Best-Ager aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung ein mehr als wertvoller Neuzugang sein. Bei der Zusammenarbeit mit jüngeren Generationen geben sie wertvolles Wissen weiter. Was ist mit all diesen kleinen Tricks und Kniffen, die sich diese von Berufserfahrenen abschauen können? Etwa, beim Verhandeln mit Geschäftspartnern, im Umgang mit schwierigen Kunden oder wenn es darum geht, der Geschäftsleitung sachlich die Stirn zu bieten. Auch hier gehen viele Potenziale verloren, wenn diese Gruppe ausgegrenzt wird.
Genauso schwer haben es Männer, die in klassischen Frauenberufen Fuß fassen wollen. Egal, ob in der Kita, in der Pflege oder auch als Grundschullehrer. Auch hier schnappt die Falle der unbewussten Vorurteile schnell zu. Der Stern berichtete beispielsweise über einen Kindergarten in Berlin-Reinickendorf, bei dem neben dem Geschlecht eines Erziehers auch dessen sexuelle Orientierung zum Problem wurde.
Eltern meldeten ihre Kinder ab, als sie erfuhren, dass ein schwuler Erzieher ihre Kinder betreuen sollte. Nicht nur die Kitaleitung, auch die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sprang seinerzeit in die Presche. Gegenüber den Medien setzte sie ein Statement gegen Diskriminierung: „Wir wollen mehr Männer für den Erzieher-Beruf gewinnen. Sie können wichtige Rollenvorbilder für die Kinder sein. Die sexuelle Orientierung spielt dabei überhaupt keine Rolle.”
Fazit: Unconscious Biases sind auch im Jahr 2020 noch weit verbreitet – gerade in der Arbeitswelt. Gelingt es Unternehmen, diese im Recruiting zu überwinden, könnte a) so mancher Personalengpass schneller abgefedert werden und b): Die vielen „Hidden Figures“ auf dem Arbeitsmarkt wären in vielerlei Hinsicht eine Bereicherung für Unternehmen. Dies würde vor allem die Rekrutierung von Generation Y und Generation Z erleichtern.
Aber wie lassen sich diese Klischees überwinden? Der Schlüssel dazu könnte in Auswahlverfahren liegen, die kritische Bewerbermerkmale außen vorlassen: Das Geschlecht, das Alter, die Ethnie, die sexuelle Orientierung. Dieser Trend nennt sich Blind Hiring. Das ist leicht umsetzbar – zum Beispiel über eine anonyme Bewerbung, bei der diese Punkte erstmal nicht abgefragt werden.
Denkbar ist auch die maschinelle Vorauswahl, bei der ein Computer automatisch abgleicht, ob die Kompetenzen eines Bewerbers zu einer ausgeschriebenen Stelle passen. Laut der Studie Recruiting Trends 2019 der Uni Bamberg gehen 60,8 Prozent der Unternehmen davon aus, dass eine digital gestützte Vorauswahl der Kandidaten eine diskriminierungsfreie Bewerbung fördern würde.
Dem Roboter ist es egal, welchem Geschlecht ein Talent angehört oder ob es nun auf anders- oder gleichgeschlechtliche Partner steht. Hauptsache, die Eignung für den Job stimmt. Genutzt werden die Programme aber lediglich von zehn Prozent der Unternehmen. Das sollte zu denken geben.
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* Wenn wir, dem Lesefluss zuliebe, nur ein Geschlecht nennen, so möchten wir klarstellen, dass immer ausdrücklich alle Geschlechter (m/w/d) gemeint sind.
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