Was sind Deepfakes überhaupt? Eine Definition.
Deepfakes sind KI-generierte oder -veränderte Inhalte, die so echt wirken, dass man sie kaum noch von der Realität unterscheiden kann. Der Begriff setzt sich aus „deep learning“ und „fake“ zusammen.
Und das beschreibt ziemlich genau, was dabei passiert: Eine Künstliche Intelligenz analysiert Massen an Bild-, Video- und Audiomaterial und erstellt daraus täuschend echt aussehende Avatare. Gruselig? Jap. Und es wird nicht weniger. Laut einer Prognose von Gartner ist bis zum Jahr 2028 wahrscheinlich jede vierte Bewerbung eine Fälschung.
Deepfakes: Haben Sie auch Dein Recruiting gekapert?
Ursprünglich wurde diese Technologie in der Gaming- und Filmindustrie eingesetzt und gefeiert. Leider hat sie aber auch mittlerweile Recruiting-Prozesse unterwandert – mit dem einzigen Sinn, Unternehmen gezielt zu täuschen – mit gefälschten Lebensläufen, KI-generierten Bildern oder gar manipulierten Video-Interviews landen.
Wie? Als Recruiter*in kennst Du sicher den ein oder anderen Lebenslauf, der „ein bisschen“ aufgehübscht war. Oder ein Anschreiben, das zu gut klang. Ein wenig gemogelt haben die Leute schon immer – aber Deepfakes sind nochmal ne ganz andere Hausnummer.
Sie zeigen sich auf ganz unterschiedliche Weise:
- Gefälschte Lebensläufe: KI schreibt perfekte CVs mit glaubwürdigen Stationen, Referenzen und Skills – inklusive LinkedIn-Profilen, die aussehen, als wären sie seit Jahren aktiv.
- KI-generierte Profilbilder: Stockfoto-Vibes mit einem Hauch „zu symmetrisch, um wahr zu sein“. Viele Fake-Bewerber*innen nutzen KI-generierte Fotos, die keinen echten Menschen zeigen. Vor allem nicht sich selbst.
- Manipulierte Video-Interviews: Dank Deepfake-Technologie können Gesichter und Stimmen so realistisch verändert werden, dass Du im Video-Call gar nicht merkst, dass Du gerade mit einer KI sprichst.
- Gefälschte Arbeitsproben: Ob Design, Text oder Code – KI kann beeindruckende Ergebnisse liefern, die den Eindruck erwecken, der/die Bewerber*in sei ein echtes Multitalent.
Deepfakes vs. KI-Bewerbungen vs. Fake-Bewerbungen: Wo liegen die Unterschiede?
Klassische Fake-Bewerbungen
KI-generierte Bewerbungen
Deepfakes
Warum sind Deepfakes im Recruiting so gefährlich?
- Fehlinvestitionen: Du steckst Zeit und Geld in Bewerber*innen, die es in der Realität gar nicht gibt. Ein vermeintliches Top-Talent könnte sich als virtuelle Illusion entpuppen.
- Reputationsverlust: Wenn Dein Unternehmen unwissentlich Deepfakes einstellt oder öffentlich präsentiert, kann das Euren Ruf stark beschädigen. Transparenz und Glaubwürdigkeit stehen auf dem Spiel.
- Sicherheitsrisiken: Fake-Kandidat*innen könnten sich Zugang zu sensiblen Daten, internen Systemen oder vertraulichen Projekten verschaffen – ohne dass Du es rechtzeitig bemerkst.
- Ungerechtigkeit gegenüber echten Bewerber*innen: Während KI-generierte Bewerbungen glänzen, echte Talente aber möglicherweise untergehen, leidet die Fairness im Auswahlprozess.
Warum das Thema vor allem im Remote-Recruiting relevant wird
Nicht nur Homeoffice ist zur Normalität geworden, sondern auch Remote-Interviews. Vieles läuft mittlerweile digital ab. Einerseits gut für die Umwelt und die Zeitersparnis darf man auch nicht vergessen. Andererseits kann es auch Tür und Tor für Manipulationen öffnen.
Erlebst Du Bewerber*innen ausschließlich nur über Kamera und Mikro, fehlt Dir eine entscheidende Sache: Der persönliche Abgleich. Körpersprache, Mimik und spontane Reaktionen können über einen Bildschirm nie so gut rübergebracht werden wie in einem Vor-Ort-Gespräch.
Und da kommen wieder unsere Deepfakes ins Spiel. Sie nutzen genau diese Lücke:
- Video-Interviews: Eine KI kann das Gesicht eines echten Menschen auf ein anderes legen – live, in Echtzeit.
- Audio-Manipulation: Stimmen lassen sich täuschend echt imitieren – sogar mit Akzent und Emotionen.
- Identitätsdiebstahl: Betrüger*innen können echte Profile und Lebensläufe „nachbauen“ und damit virtuelle Bewerbungen verschicken.
Wie Du Deepfakes im Recruiting erkennen kannst
#1 Anschreiben und Lebenslauf
- Zu perfekt, um menschlich zu sein: Grammatik, Stil, Ton – alles makellos? Das kann ein Hinweis auf KI-Unterstützung sein. Echte Bewerber*innen schreiben selten wie aus dem Duden kopiert.
- Buzzword-Bingo statt Persönlichkeit: Wenn du Phrasen wie „innovatives Mindset“, „Hands-on Mentalität“ und „strategisches Denken“ liest – aber keine konkreten Beispiele folgen – könnte hier KI am Werk gewesen sein.
- Keine echten Geschichten: KI kann beeindruckende Floskeln, aber keine persönlichen Erfahrungen liefern. Wenn Erfolge seltsam unspezifisch bleiben, lohnt es sich nachzufragen.
- Widersprüche im Lebenslauf: Achtung bei Lücken, zeitlichen Sprüngen oder widersprüchlichen Angaben – besonders, wenn Stationen „zu perfekt“ aufeinander aufbauen.
- Seltsame Formulierungen: Wenn Du beim Lesen denkst: „So würde niemand in meiner Branche reden“, dann stimmt das wahrscheinlich auch.
#2 Bewerbungsfoto
- Model-Vibes mit Hochglanzfinish: Zu glatte Haut, perfekte Symmetrie, keine Poren? Wahrscheinlich kein echtes Foto.
- Unpassender Hintergrund: Wenn jemand aussieht wie aus einem Werbeshooting, aber sich auf eine handwerkliche Stelle bewirbt – lieber zweimal hinschauen.
- Leere Blicke: KI-Gesichter wirken oft makellos, aber irgendwie… seelenlos. Die Augen haben keine Tiefe oder Emotion.
- Schatten, die nicht passen: Unnatürliche Lichtreflexe oder schwebende Ohrringe? Das kann ein Zeichen für nachträgliche Montage sein.
#3 Video-Interview
- Zu gleichmäßige Bewegungen: Menschen sind nie perfekt synchronisiert. Wenn Mimik und Gestik zu glatt wirken, könnte das eine Deepfake-Software sein.
- Geisterhafte Effekte: Achte auf verschwommene Ränder um Gesicht oder Haare – besonders, wenn sich die Person schnell bewegt.
- Unnatürliche Augen und Lippen: Kein (oder zu regelmäßiges) Blinzeln, leicht verzögerte Lippenbewegungen sind die Klassiker.
- Licht und Farbe passen nicht: Wenn der Hautton zum Hintergrund „wechselt“ oder plötzlich heller wird, stimmt was nicht.
- Ungewöhnliche Aufforderungen: Wenn Dich die „Person“ bittet, Software zu installieren oder Daten außerhalb der üblichen Plattformen zu teilen – sofort abbrechen und der IT melden.
Prävention: Wie Du Dich und Dein Unternehmen schützen kannst
#1 Tipps für Deinen Recruiting-Prozess
- Identitätsprüfung: Lass Dir Ausweisdokumente zeigen, prüfe berufliche Stationen und Referenzen sorgfältig. Gerade bei Remote-Interviews lohnt sich ein zweiter Blick – oft verrät schon ein kleines Detail, ob alles stimmt.
- Strukturierte Interviewführung: Bereite Fragen vor, die nicht einfach mit Standardtexten oder KI-Bausteinen beantwortet werden können. Spontane Nachfragen, kleine Praxisaufgaben oder Szenarien im Gespräch helfen Dir, die Authentizität der Kandidat*innen zu prüfen.
- Sichere Tools: Nutze Plattformen, die Videointerviews, Bewerbungsunterlagen und Kommunikation verschlüsselt speichern. So verhinderst du Manipulationen, Datenleaks oder unbemerkte Eingriffe und sorgst für einen sicheren Prozess.
#2 Schulung Deines Recruiting-Teams
- Typische Deepfake-Muster erkennen: Macht Euch gemeinsam mit den typischen Auffälligkeiten vertraut – sei es bei Texten, Fotos oder Videos. Lernt, wie KI-generierte Lebensläufe, Anschreiben oder Profilbilder aussehen, und woran Ihr subtile Hinweise erkennt, dass etwas „zu perfekt“ ist.
- Team-Experience teilen: Sprecht offen über Auffälligkeiten und teilt eure Erfahrungen aus vergangenen Bewerbungsprozessen. Oft fallen wiederkehrende Muster oder kleine Unstimmigkeiten nur auf, wenn mehrere Augen darauf schauen.
- Übung macht den Meister: Rollenspiele, Testbewerbungen oder interne Workshops können helfen, die Wahrnehmung zu schärfen. Je häufiger Ihr mit verdächtigen Kandidat*innen konfrontiert werdet, desto schneller erkennt Ihr echte von manipulierten Inhalten.
- Checklisten und Leitfäden: Erstellt kleine Merkhilfen für Euer Team, die typische Warnsignale zusammenfassen – so gehen keine Details verloren, und neue Teammitglieder können schnell eingearbeitet werden. (Wir haben da aber auch schon etwas vorbereitet, das findest Du unter dem Beitrag).
- Sensibilisierung für Remote-Situationen: Gerade bei Video-Interviews oder internationalen Remote-Bewerbungen ist ein geschultes Team Gold wert. Wer weiß, worauf er oder sie achten muss, erkennt unnatürliche Bewegungen, Lichtfehler oder inkonsistente Aussagen sofort.
#3 Zusammenarbeit mit IT und Datenschutz
- Frühzeitig Expert*innen einbeziehen: Denke die Sicherheit von Anfang an mit. Hol IT und Datenschutz so früh wie möglich ins Boot – idealerweise schon beim Aufbau Deiner Recruiting-Prozesse.
- Technische Unterstützung durch die IT: Die IT kann Tools zur Echtheitsprüfung (z. B. biometrische Verifikation) bereitstellen, die Bewerbungen, Fotos oder Video-Interviews auf Manipulation prüfen. Das reicht von Software, die verdächtige Bild- oder Videoveränderungen erkennt, bis zu sicheren Plattformen, die verschlüsselte Kommunikation gewährleisten.
- Rechtssicherheit durch Datenschutz: Alle Prüfungen müssen datenschutzkonform ablaufen. Der Datenschutz sorgt dafür, dass Ihr Euch nicht in einer rechtlichen Grauzone bewegt, insbesondere bei der Speicherung und Verarbeitung sensibler Lebenslaufdaten.
- Gemeinsame Prozesse entwickeln: IT, Datenschutz und Recruiting sollten abgestimmte Abläufe haben. Wer bei Alarm sofort weiß, wer was prüft und welche Schritte folgen, verhindert im Ernstfall Chaos und Blindflüge.
- Wissenstransfer und Schulung: IT- und Datenschutz-Teams können Euch darin schulen, welche Warnsignale zuverlässig erkannt werden können und welche Schritte bei Verdacht auf Deepfakes eingeleitet werden sollten.
#4 Auch die Technik hat Grenzen
- Bauchgefühl ernst nehmen: Kommt Dir etwas seltsam vor, hinterfrage es. Deine Intuition nimmt oft subtile Warnsignale wahr, die die Technik nicht erkennt.
- Technik als Unterstützung, nicht als Ersatz: Ja, Tools und Plattformen sind hilfreich. Allerdings ersetzen sie nicht Deine Erfahrung.
- Regelmäßige Kontrolle und Updates: Auch die besten Programme müssen verwaltet werden. Nicht nur die Möglichkeiten, Deepfakes zu erzeugen entwickeln sich weiter, sondern auch die Programme zur Enttarnung solcher. Halte Deine Tools aktuell und überprüfe regelmäßig, ob sie noch zuverlässig laufen.
- Teamarbeit bleibt entscheidend: Die Technik gibt zwar Hinweise, die endgültige Entscheidung liegt allerdings bei Dir und Deinem Team.
Auch Talente sind betroffen: KI-Tools und Ghost Jobs erschweren die Jobsuche
#1 Identitätsdiebstahl und missbräuchliche Nutzung von Profilen
#2 Betrügerische Stellenangebote und Job-Scamming
#3 Zusätzliche Hürden für ehrliche Bewerber*innen
Die Verbreitung von Deepfakes führt zu einem generellen Misstrauen bei Unternehmen. Um sich abzusichern, werden zusätzliche Verifizierungen eingeführt: aufwendigere Identitätsprüfungen, persönliche Treffen auch bei Remote-Jobs oder die Pflicht, sich im Video besonders „echt“ zu präsentieren. Das bedeutet mehr Druck für alle, die sich ehrlich bewerben, und macht den ohnehin schon stressigen Bewerbungsprozess noch anstrengender.
Deepfakes: Wie sieht es rechtlich aus?
#1 Strafgesetzbuch: Identitätsbetrug
#2 Datenschutz und Umgang mit KI-Inhalten
Profile von Bewerber*innen enthalten sensible Daten. Egal, ob Lebenslauf, Foto oder Video-Interview: Du musst sicherstellen, dass der Umgang mit diesen Daten DSGVO-konform erfolgt. KI-Tools und Analyse-Software dürfen sonst nicht eingesetzt werden. Besonders wichtig: Kandidat*innen müssen informiert werden, wenn KI bei der Auswertung ihrer Unterlagen verwendet wird.
#3 Verantwortung der Arbeitgeberseite
- Prüfe Bewerbungsunterlagen sorgfältig, um Deepfakes zu erkennen.
- Setze Technik sinnvoll ein, ohne Kandidat*innen unnötig zu belasten.
- Dokumentiere Prozesse, damit im Zweifel nachvollziehbar ist, welche Maßnahmen Du ergriffen hast.
In welche Richtung könnten sich Deepfakes im Recruiting entwickeln?
Werfen wir mal einen Blick in die Glaskugel. Eines ist sicher: Künstliche Intelligenz und somit auch Deepfakes sind keine kurzfristige Erscheinung, sondern werden uns dauerhaft begleiten. Die Technologie wird immer besser, kann Menschen heute schon so realistisch abbilden, dass selbst geschulte Augen mehrmals hinsehen müssen.
Gleichzeitig wird die KI auch im Recruiting zur Normalität. Immer mehr Menschen nutzen Tools, um sich Bewerbungen schreiben oder optimieren zu lassen – und Unternehmen nutzen Software für einen Auswahlprozess.
Auch auf technischer Seite wird sich einiges tun: Neue Prüfverfahren, biometrische Verifikationen und automatisierte Detection-Tools werden in Zukunft eine größere Rolle spielen (hoffentlich!). Trotzdem bleibt der menschliche Faktor entscheidend. Geschulte Recruiter*innen können Auffälligkeiten erkennen und kritisch hinterfragen.
Fazit
Deepfakes sind kein Science-Fiction-Szenario mehr, sondern Teil des modernen Recruitings. Wer heute in Wissen, klare Prozesse und technische Unterstützung investiert, wird morgen souverän mit dieser neuen Realität umgehen können – und gleichzeitig für Vertrauen und Sicherheit im Bewerbungsprozess sorgen.
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Disclaimer: Der Text stellt keine Rechtsberatung dar. Es handelt sich ausschließlich um einen Beitrag zu Informationszwecken.