Karriereseiten-Check
Vorne dabei oder Bewerberschreck? Wie gut ist Deine Karriereseite wirklich?
Technologieaffin, always on, zielstrebig, gesundheits- und umweltbewusst, auf der Suche nach Sinnstiftung und weltoffen – so ticken die jungen High Potentials, die derzeit auf den Arbeitsmarkt strömen: Die Generation Z. Das betonen Studien jedenfalls immer wieder. Viele Arbeitgebende nehmen das allerdings ein bisschen zu wörtlich und ziehen daraus die falschen Schlüsse für ihr Recruiting.
Es ist krass! Arbeitgebende suchen derzeit verzweifelter denn je nach neuen Mitarbeiter*innen. Der Arbeitsmarkt ist leer gefegt wie nie und der Fachkräftemangel hat das Level von vor der Corona-Krise längst überschritten. Laut den neuesten Zahlen aus dem aktuellen KfW-ifo-Fachkräftebarometer sind Fachkräfte so knapp wie seit 30 Jahren nicht mehr! Schau mal.
Daher ist es auch durchaus verständlich, dass sich Unternehmen in ihrem Recruiting zum Beispiel gegenüber der heiß begehrten GenZ als Traumarbeitgeber aufstellen wollen. Um diesem Ziel näher zu kommen, passen sie ihre Botschaften in Stellenanzeigen oder auf Karriereseiten immer häufiger einem ganz bestimmten Stereotyp an, das sie von der GenZ im Kopf haben.
Geprägt wurde es von diversen Studien, die die jungen Talente gerne so typisieren: “Technologie-affin und immer online, ungeduldig und fordernd, gesundheits- und umweltbewusst – mit diesen Eigenschaften lässt sich die Generation Z umschreiben. Die Gruppe jener Menschen also, die ab 1995 geboren wurden.”*
Also versuchen sich Unternehmen in ihrem Recruiting krampfhaft als moderner Arbeitgeber zu präsentieren, der technologisch auf der Höhe der Zeit ist, der Aufgaben mit Sinn bietet und nachhaltig agiert. Die Krux ist allerdings: Das trifft bei weitem nicht auf jeden Betrieb zu. Die vermeintliche Lösung: Kleinigkeiten rund um die Themen Nachhaltigkeit, Technologie und Sinnstiftung werden im Recruiting über Gebühr aufgeplustert.
*Quelle: pwc-Studie: So tickt die Generation Z
Auch wir könnten unsere Jobs in Recruiting-Kampagnen als sinnstiftend verkaufen. So ungefähr: “Als Personalmarketingagentur tragen wir jeden Tag dazu bei, dass Arbeitgebende und passende Mitarbeitende perfekt zusammenfinden – diesem sinnstiftenden Ziel haben wir uns voll und ganz verschrieben.” Klingt zwar schön. Aber ist das wirklich sinnstiftend? Wir retten mit unserer Arbeit ja nicht die Welt, heilen keine Todkranken oder schenken Hilfsbedürftigen neue Hoffnung. Unser Fazit: Bisschen zu viel geklotzt, statt gekleckert.
Die Beispiele zeigen: Arbeitgebende, die ihre Werte künstlich aufpumpen, überzeugen nicht. Sie machen sich bei jungen Talenten eher lächerlich. Hinzu kommt, dass Unternehmen auf diese Weise für eher zweitrangige Messages wertvollen Platz in Stellenanzeigen oder ihrer Karriereseite vergeuden, den sie viel besser nutzen könnten, um über ihre echten Mehrwerte zu reden.
Wobei die Generation Z auch nicht gerade auf den Kopf gefallen ist. Sie erwartet nicht, dass ein Arbeitgeber alle Werte und Normen erfüllen kann, die ihr wichtig sind. Und auch dieses angebliche Wertegerüst der GenZ ist mit Vorsicht zu genießen, weil es von Studien als viel zu absolut hingestellt wird. Nicht jeder Zettler ist gleichermaßen umweltbewusst, nachhaltig, technologieaffin oder purpose-driven. Da gibt es innerhalb der Zielgruppe Unterschiede. Und zwar immense.
Daher können wir Arbeitgebern bei der Suche nach Talenten eigentlich nur raten: Verkauft Euch in Eurem Recruiting nicht mit den falschen Argumenten – in der Hoffnung, dass dann zig Bewerbungen eingehen. Und vergesst vor allem über dieses ganze Sinnstiftungs- und Nachhaltigkeitsgedöns nicht, Euren Bewerbungsprozess so zu optimieren, dass die Generation Z überhaupt eine Chance hat, sich bei Euch zu bewerben. Das dürfte nämlich in vielen Fällen der eigentliche Grund sein, warum am Bewerbungseingang die totale Flaute herrscht. Hier mal ein paar Denkanstöße, wie Ihr es besser machen könnt.
Natürlich wollen sich Bewerbende über die Benefits und Werte eines Unternehmens informieren, allerdings finden sie neben ein paar konstruierten Sätzen zu Sinnstiftung und Co. oft nur wenig Konkretes, was einen Betrieb im Kern auszeichnet. Viele Arbeitgebende spielen lediglich Buzzwordbingo in ihren Stellenanzeigen und führen ein tolles Betriebsklima an, Work Life Balance Maßnahmen und eine super Unternehmenskultur. Ja, aber was heißt das nun konkret?
Außerdem solltest Du nicht an Worten sparen, wenn Du Dein Unternehmen beschreibst. Auch hier kratzen Arbeitgebende oft an der Oberfläche und stellen sich zum Beispiel als “marktführender High-Tech-Pionier” dar. Und was heißt das jetzt schon wieder? Plaudere also ein bisschen von Deiner Unternehmensgeschichte.
Wirf auch mal einen Blick auf das Anforderungsprofil in Deinen Stellenanzeigen. Viele Unternehmen setzen die Erwartungen an die Generation Z viel zu weit oben an und suchen in ihrem Recruiting nach der eierlegenden Wollmilchsau. Sie schreiben Stellenanzeigen für eine Juniorposition aus, setzen aber ein Bündel an Kompetenzen und Erfahrungen voraus, die man selbst nach 10 Jahren Berufserfahrung nicht vorweisen kann – das schreckt junge Bewerber*innen reihenweise ab, weil sie sich diesem Wust an Anforderungen nicht gewachsen fühlen. Tipp: Übertreibe es nicht, sondern bleibe realistisch.
So sehr die Generation Z in ihrem Leben auch nach Sinn suchen mag. Jeden Tag die Welt zu retten, ist nicht alles. Sie braucht auch das nötige Kleingeld, um von etwas leben zu können. Dennoch sind in den wenigsten Stellenanzeigen oder Karriereseiten Angaben zum Gehalt zu finden. Hier kannst Du Dich als Arbeitgebender extrem positiv von der Masse abheben, wenn Du ein paar Worte über das zu erwartende Einkommen fallen lässt. Nur Mut! Verabschiede Dich endlich von dem ungeschriebenen Gesetz, dass das Gehalt ein Tabuthema ist.
Das Smartphone ist sowas wie das Alltagscockpit der GenZ. Hier informiert sie sich und ist mit anderen vernetzt. Die Zettler kommunizieren ständig: Per Sprachnachricht, per Messenger, per Mail – manchmal telefonieren sie auch. Umso merkwürdiger erscheint es ihnen, wenn in der Stellenanzeige kein Ansprechpartner genannt wird. Das erweckt den Eindruck, dass ein Unternehmen möglichst nicht kontaktiert werden will, was in dem hochkommunikativen Digitalzeitalter wirkt, als wäre Dein Unternehmen aus der Zeit gefallen.
Und selbst, wenn Stellenanzeigen oder Karriereseiten bis hierhin alle genannten Kriterien erfüllen. Es gibt noch einen entscheidenden Punkt, an dem Unternehmen immer wieder scheitern: Der Bewerbungsprozess ist zu komplex. Gerade junge Talente wollen sich per Smartphone bewerben… Du erinnerst Dich? Alltagscockpit und so…
Allerdings stoßen sie im Bewerbungsprozess gerne auf umständliche Onlineformulare, die auch noch ein Anschreiben verlangen. Und schwups, schon sind sie wieder weg. Das wären sie nicht, wenn Du mobiltaugliche Bewerbungsmöglichkeiten anbieten würdest. Eine Bewerbung via Chatbot oder mit dem LinkedIn-Profil zum Beispiel.
Du siehst: Es gibt so viele Möglichkeiten, um als Unternehmen bei der jungen Generation zu punkten. Man muss aber die richtigen nutzen.
Karriereseiten-Check
Vorne dabei oder Bewerberschreck? Wie gut ist Deine Karriereseite wirklich?
Bildquelle: Giacomo Lucarini | | unsplash.com, Markus Spiske | unsplash.com
* Wenn wir, dem Lesefluss zuliebe, nur ein Geschlecht nennen, so möchten wir klarstellen, dass immer ausdrücklich alle Geschlechter (m/w/d) gemeint sind.
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