Eine Mitarbeiter zerfällt vor den Augen seiner Kollegen in Asche und Feuer – ein eindringliches Sinnbild für Quiet Firing und den schleichenden Verlust von Motivation im Job.

Quiet Firing: Kündigung auf Raten 

Quiet Firing: Was ist denn das jetzt schon wieder? Es ist kein exotisches Phänomen, sondern passiert in vielen Unternehmen – oft unbewusst und vor allem leise. Mitarbeitende werden rausgeekelt und am Ende verliert Dein Unternehmen mehr als nur einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin: Motivation, Vertrauen und Reputation leiden massiv. Wie Du Quiet Firing erkennst und was Du dagegen tun kannst, verraten wir Dir in unserem Artikel.
People & Culture
7 Min.
frau die auf einem whiteboard schreibt

Indeed Unternehmensprofile werden eingeschränkt!​

Das Employer Branding Hub die Bühne deines Indeed Auftritts, Ab dem 23.09.24 werden einige Funktionen der kostenlosen Version abgeschaltet. 

Inhalt

Definition: Was ist Quiet Firing?

„Quiet Firing“ klingt erstmal nach einer besonders leisen Art, jemanden zu feuern – und das trifft’s ziemlich gut. Gemeint ist, dass Arbeitgeber oder Führungskräfte ihren Mitarbeitenden nicht offen kündigen, sondern sie durch Ignoranz, fehlende Entwicklungsmöglichkeiten oder subtile Demotivation quasi selbst dazu bringen, zu gehen.

Dieses Phänomen ist gar nicht mal so selten: Eine Umfrage der Pronova BKK ergab im Jahr 2024 folgendes: „Fast die Hälfte der Befragten (48 %) haben bereits Erfahrungen mit psychischen Belastungsfaktoren wie Mobbing und Quiet Firing gemacht […]“. Wir sagen: 48 Prozent zu viel.

Das Problem liegt auf der Hand: Quiet Firing zerstört Vertrauen und die Unternehmenskultur, oft langfristig. Das wirkt sich nicht nur auf die betroffene Person aus. Wer sieht, dass Kolleg*innen still ausgebremst oder „wegverwaltet“ werden, überlegt sich zweimal, ob er oder sie selbst noch motiviert bleiben will. Und plötzlich steht das Unternehmen mit einem massiven Employer-Branding-Problem da.

Kurz gesagt: Quiet Firing ist keine elegante Trennung – es ist eine Führungsschwäche im Flüsterton.

Quiet Firing gleich Mobbing?

Zugebenermaßen wirkt Quiet Firing auf den ersten Blick wie Mobbing in der Deluxe-Version. Doch während Mobbing und Bossing (also Mobbing durch Vorgesetzte) meist aktiv und gezielt verletzend sind, läuft Quiet Firing deutlich passiver, subtiler und oft „unabsichtlich“ ab.

Statt zu sagen: „Das passt hier nicht mehr“, wird einfach nichts mehr gesagt – manchmal reicht es nicht mal mehr zum Smalltalk. Die Botschaft ist klar: „Such Dir lieber was anderes.“

Feedbackgespräche werden plötzlich zur Rarität, spannende Projekte verschwinden wie von Zauberhand, Weiterbildungen sind „gerade nicht drin“ – und wenn Lob verteilt wird, steht Dein Name garantiert nicht auf der Liste.

Das Ziel ist selten eine offene Konfrontation. Vielmehr soll die betroffene Person durch den schleichenden Entzug von Aufmerksamkeit, Förderung und Perspektive von selbst das Weite suchen. Das klingt weniger brutal als klassisches Mobbing, ist aber oft genauso verletzend – nur eben leiser.

Der Unterschied in Kurzform:

  • Mobbing und Bossing sind aktiv destruktiv – jemand handelt bewusst gegen Dich.
  • Quiet Firing ist passiv destruktiv – jemand unterlässt bewusst, was eigentlich selbstverständlich wäre.

Und genau darin liegt die Gefahr: Weil Quiet Firing so schwer zu greifen ist, bleibt es oft unbemerkt – bis gute Leute längst innerlich (oder tatsächlich) gekündigt haben.
Was bleibt, ist eine Führungslücke, eine Menge Frust und eine Unternehmenskultur, die schneller bröckelt, als man denkt.

Anzeichen für ein mögliches Quiet Firing

Quiet Firing kommt selten mit Ansage; es schleicht sich an. Oft beginnt es ganz harmlos: Ein paar nicht beantwortete Chat-Nachrichten hier, ein gestrichenes Projekt da. Doch mit der Zeit entsteht ein Muster, das deutlich zeigt: Hier läuft etwas gewaltig schief. Wir hoffen natürlich nicht, dass Du oder jemand aus Deinem Unternehmen betroffen ist. Für Dich als Personaler*in gilt es allerdings, genau hinzusehen. Die folgenden Anzeichen können darauf hindeuten, dass man still und leise aus dem Unternehmen gedrängt wird:

#1 Ausgrenzung und fehlende Kommunikation

Plötzlich bist Du bei Meetings „vergessen“ worden oder erfährst wichtige Infos nur noch über drei Ecken? Willkommen im Funkloch der Unternehmensführung. Wer systematisch außen vorgelassen wird, verliert automatisch den Anschluss zum Team – und irgendwann auch die Motivation.

#2 Ignorierte Belastungen und mangelnde Fürsorge

Klar, der Joballtag ist nicht immer easy und Belastungen muss man auch mal aushalten können. Wird es allerdings dauerhaft zu viel, gilt es, die Probleme anzusprechen. Doch werden Überstunden, Belastungen oder auch persönliche Stressfaktoren auf Dauer einfach wegignoriert, wird schnell klar: Dein Wohlbefinden spielt keine Rolle.

#3 Aufgabenentzug

Spannende Projekte? Gestrichen. Alltägliche Aufgaben? Weg. Die To-do-Liste wird immer überschaubarer, die Langeweile wächst und der Boreout klopft an? Wer systematisch unterfordert wird, fühlt sich nutzlos und sieht den Sinn der Arbeit nicht mehr.

#4 Blockierte Entwicklung und Karrierebremsen

„Sorry, für sowas ist gerade kein Budget da!“ oder „Tut uns leid, die Position hat schon jemand anderes bekommen!“ – solche Sätze bleiben natürlich nicht aus. Nicht jedes Unternehmen hat unbegrenzt Budget für Fortbildungen oder beliebig viele Positionen zu besetzen. Aber wenn Weiterbildungen oder Beförderungen systematisch blockiert werden, steckt oft mehr dahinter als organisatorische Zufälle.

#5 Abwertung von Leistung

Hierzu muss man eigentlich gar nicht viel sagen. Du gibst alles und bekommst trotzdem nur negative Rückmeldungen? Anerkennung gibt es nicht mehr, Lob wird gestrichen und Kritik dominiert das Bild? Wer Leistung konsequent abwertet, demotiviert wissentlich und gezielt. Natürlich ist konstruktives Feedback wertvoll. Wenn allerdings jede Rückmeldung von Negativität geprägt ist und gute Leistungen ignoriert werden, entsteht ein Ungleichgewicht, das Mitarbeitende systematisch schwächt. Willkommen beim Quiet Firing.

#6 Aneignung von Erfolgen

Sei es ein zündender Gedanke, die Lösung für ein aktuelles Problem oder ein neuer Produktslogan: Wenn Deine Ideen von anderen präsentiert werden oder Dein Beitrag im digitalen Nirvana verschwindet, ist das nicht nur unfair, sondern signalisiert ganz klar: Dein Einsatz zählt hier nicht. Wer diese Zeichen erkennt, sieht nicht nur einzelne problematische Situationen, sondern ein klares Ausgrenzungsmuster.

Quiet Firing im Unternehmen

Wie oben bereits erwähnt, haben schon zu viele Leute die Erfahrung gemacht. In einer Umfrage von LinkedIn gaben die Teilnehmenden folgendes an:

  • 35 Prozent haben selbst Quiet Firing erlebt
  • 48 Prozent haben es mitbekommen

 

Das passiert also nicht nur in Einzelfällen – es ist oft ein Symptom einer ungesunden Unternehmenskultur. Wenn Führungskräfte überfordert sind, Konflikte meiden oder keine klare Feedbackkultur leben, entstehen schnell Situationen, in denen Mitarbeitende „still“ aussortiert werden.

 

Das kann viele Gründe haben. Zum Beispiel:

  • Eine Führungskraft weiß nicht, wie sie mit Leistungsschwächen umgehen soll.
  • Es fehlt an klaren Entwicklungswegen oder Ressourcen für Feedbackgespräche.
  • Es herrscht eine Kultur, in der Fehler oder Kritik tabu sind und Probleme lieber ausgesessen werden.

 

Das Ergebnis ist immer dasselbe: Teammitglieder werden nicht mehr geführt, sondern ignoriert. Und das hat Folgen – nicht nur für die betroffene Person, sondern auch für das gesamte Team. Denn wer mitbekommt, dass Kolleg*innen leise „wegorganisiert“ werden, verliert Vertrauen in Führung, Fairness und Zukunftsperspektive.

Abgesehen davon, dass Quiet Firing ein echtes Eigentor ist, ist es auch sehr unklug, das während des akuten Fachkräftemangels zu betreiben. Während Unternehmen aufwendig neue Talente suchen, treiben sie bestehende mit unterschwelliger Demotivation raus. Eine paradoxe Situation, die langfristig teuer wird.

Konsequenzen von Quiet Firing

Die „stille Kündigung“ mag zwar auf den ersten Blick wie der „einfache Weg“ wirken – keine unangenehmen Gespräche, keine Kündigung, kein Papierkram. Klingt bequem, oder? Nur: In Wirklichkeit ist es eine lose-lose-Situation für alle Beteiligten.

#1 Auswirkungen auf Mitarbeitende

Quiet Firing trifft die Menschen nicht nur beruflich, sondern auch persönlich. Wenn man spürt, dass man im Job leise aufs Abstellgleis geschoben wird, kratzt das an mehr als nur der Motivation. Die Folgen können tief gehen und wirken oft weit über den Arbeitsplatz hinaus.

  • Auswirkungen auf die mentale Gesundheit Deiner Mitarbeitenden:
    Wer dauerhaft ignoriert, übergangen oder klein gemacht wird, erlebt Stress – und zwar den richtig zermürbenden. Dieses „Ich bin unsichtbar“-Gefühl kann zu Schlafproblemen, Antriebslosigkeit oder Selbstzweifeln führen.
    Viele Betroffene berichten, dass sie sich irgendwann gar nicht mehr trauen, ihre Meinung zu sagen oder Ideen einzubringen – aus Angst, noch mehr Ablehnung zu erfahren.
    Langfristig kann Quiet Firing so zu psychischen Belastungen führen, die von Frust bis hin zu Depressionen reichen. Das ist nicht nur richtig mies für die Betroffenen, sondern auch teuer für Unternehmen, wenn Krankheits- und Ausfalltage steigen.
  • Vertrauensverlust in die Unternehmenskultur und an die Führung:
    Wenn Mitarbeitende erleben, dass Kolleg*innen still ausgegrenzt oder „rausgedrängt“ werden, sendet das eine klare Botschaft: „Hier bist Du nur so lange willkommen, wie Du funktionierst.“ Dieses Signal frisst Vertrauen. Und wer nicht direkt betroffen ist, fragt sich schnell: „Bin ich als nächstes dran?“
    Das Ergebnis: weniger Offenheit, weniger Engagement und mehr innere Distanz.

 

Kurz gesagt: Quiet Firing ist der beste Weg, aus motivierten Mitarbeitenden stille Beobachter*innen zu machen.

#2 Konsequenzen für Unternehmen

Quiet Firing mag auf den ersten Blick leise wirken – seine Folgen sind es allerdings ganz sicher nicht. Denn wer seine Angestellten rausekelt, bekommt das früher oder später zu spüren.

  • Produktivitätsverlust der Mitarbeitenden:
    Motivation ist kein Schalter, den man einfach wieder umlegen kann. Wer sich ausgegrenzt oder unterbewertet fühlt, arbeitet zwar vielleicht noch – aber nur noch das Nötigste. Das Ergebnis: weniger Einsatz, geringere Qualität, mehr Fehlzeiten.
    Hinzu kommt, dass das restliche Team den Frust schnell mitbekommt. Stimmung und Zusammenarbeit leiden, und plötzlich geht’s nicht mehr nur um eine Person, sondern ums ganze Teamklima. Die Produktivität sinkt also nicht leise, sondern kollektiv.
  • Negative Auswirkung auf das Arbeitgeberimage:
    Wir alle kennen Kununu, Glassdoor & Co. Dort bleibt nichts unbemerkt. Wenn ehemalige Mitarbeitende über schlechte Führung, fehlende Wertschätzung oder stilles Rausdrängen berichten, schadet das massiv der Arbeitgebermarke.
    Und das ist kein abstraktes Risiko: Eine negative Bewertung kann reichen, um potenzielle Bewerber*innen abzuschrecken. Recruiting wird schwerer, Kosten steigen, und der Ruf als attraktiver Arbeitgeber bröckelt.

 

Quiet Firing ist also nicht nur ein internes Führungsproblem – es ist ein Image-Schaden. Wer seine Leute leise verliert, wird am Markt laut überhört.

Warum betreiben Unternehmen Quiet Firing?

Das Bittere ist: Es passiert häufig gar nicht mit böser Absicht. Viele Unternehmen und Führungskräfte rutschen unbewusst in dieses Verhalten hinein. Man kann zwar den Leuten immer nur bis vor die Stirn schauen, aber mögliche Gründe sind:

#1 Zeitmangel und Kommunikationslücken

Führung braucht Zeit für echte Gespräche, Feedback und Konfliktmanagement. Wenn diese Zeit fehlt, weil der Kalender überquillt, bleibt oft nur das Notprogramm: Schweigen.

Aus „Ich mach das eben noch schnell fertig und dann bin ich für Dich da“ wird schnell ein „Ich rede irgendwann die Tage mit Dir“. Und aus „später“ wird irgendwann „nie“. So entsteht Quiet Firing nicht aus Böswilligkeit, sondern aus Stillstand.

#2 Konfliktvermeidung

Führungskräfte sind auch nur Menschen und wollen in der Regel keine unangenehmen Gespräche führen. Kritik äußern, Grenzen ziehen oder Fehlverhalten ansprechen? Lieber nicht. Stattdessen wird der Kontakt schleichend reduziert – in der Hoffnung, dass sich das Problem von selbst erledigt. (Spoiler: Tut es nicht.)

#3 Fehlende Führungskompetenz

Gerade neue oder fachlich starke, aber führungsunerfahrene Manager*innen tun sich schwer damit, konstruktiv mit Leistungsproblemen umzugehen. Wer nie gelernt hat, wie man Feedback richtig gibt, greift schnell zur stillen Methode: Distanz schaffen statt Dialog suchen.

#4 Strukturelle Probleme und fehlende Feedbackkultur

Manchmal liegt es gar nicht an der einzelnen Führungskraft, sondern am System. Wenn Feedback im Unternehmen generell kaum stattfindet, Weiterentwicklung keine Priorität hat und Fehler tabu sind, entsteht ein Klima, in dem Quiet Firing fast automatisch passiert.

Aber egal, wie das Ganze entsteht – es bleibt ein Problem der Unternehmenskultur mit ernsthaften Konsequenzen. Denn Schweigen ist keine Lösung. Schon gar nicht, wenn es um Menschen geht.

Strategien, um Quiet Firing vorzubeugen

Kommen wir mal zum lösungsorientierten Teil des Artikels. Du als HR-Verantwortliche*r hast zwar nicht die alleinige Verantwortung, aber du kannst einen erheblichen Teil dazu beitragen, dass solche Situationen gar nicht erst entstehen. Zum Beispiel:

  • Regelmäßiges Feedback und ehrliche Gespräche:
    Regelmäßige 1:1-Meetings, konstruktives Feedback und klare Zielvereinbarungen zeigen Mitarbeitenden, dass sie gesehen werden – und verhindern, dass sich Frust oder Unsicherheit aufstauen.
  • Klare Entwicklungs- und Karriereperspektiven:
    Wer weiß, wo die Reise hingeht, bleibt motiviert. Weiterbildungen, spannende Projekte und transparente Karrierepfade signalisieren: „Du bist wertvoll und wir investieren in Dich.“
  • Wertschätzung im Alltag:
    Lob, Anerkennung und kleine Dankeschöns kosten nichts, wirken aber Wunder. Wer gute Leistung anerkennt, stärkt Motivation und Bindung.
  • Zeit für Mitarbeitende einplanen:
    Wer zu beschäftigt (oder gar desinteressiert) ist, um zuzuhören, riskiert, dass Mitarbeitende sich übersehen fühlen. Schon kleine Rituale, wie z. B. ein kurzer Plausch oder regelmäßige offene Tür-Zeiten, können einen großen Unterschied machen.
  • Führungskräfte schulen:
    Nicht jede*r kommt als geborene Führungskraft zur Arbeit. Workshops, Coachings oder Mentoring können helfen, Konflikte konstruktiv zu lösen, Feedback richtig zu geben und schwierige Gespräche zu führen.
  • Offene Unternehmenskultur fördern:
    Eine Kultur, in der Feedback willkommen ist, Fehler besprochen werden dürfen und Probleme nicht ausgesessen werden, macht Quiet Firing nahezu unmöglich. Wer Kommunikation und Transparenz lebt, baut Vertrauen und Motivation auf.

Fazit

Die gute Nachricht: Quiet Firing ist vermeidbar. Wer regelmäßig Feedback gibt, klare Entwicklungsperspektiven bietet, Wertschätzung zeigt und eine offene Kommunikationskultur lebt, baut nicht nur Vertrauen auf, sondern sorgt auch dafür, dass Talente bleiben und ihr volles Potenzial entfalten. Wer Quiet Firing stoppt, gewinnt nicht nur motivierte Mitarbeitende – sondern auch ein gesundes, produktives Team und ein starkes Employer Branding.

Diese Artikel könnten Dich auch interessieren:

Narzissten – der Tod jeder Unternehmenskultur: So erkennst Du sie im Recruitingprozess

Toxische Mitarbeiter*innen: Vorsicht, Giftspritzen!

Leadershit: Warum toxische Führungskräfte Unternehmen vergiften

Vanessa Kammler

Als Chief Extraction Officer liebt sie es, spannende Erkenntnisse aus Studien zu extrahieren, How-Tos zu schreiben und Dir smarte Recruiting-Tools vorzustellen.

Du kannst es gar nicht abwarten? Dann ruf‘ uns direkt an oder schreib‘ eine E-Mail!