Gaslighting – ein erhebliches Risiko
Gaslighting ist inzwischen trauriger Alltag in vielen Unternehmen – und ein Risiko für jedes HR-Team. Denn diese Manipulationstechnik betrifft nicht nur einzelne Mitarbeitende. Sie untergräbt Vertrauen, zerstört den Teamspirit und strahlt weit über die Bürotür hinaus – etwa in schlechten Arbeitgeberbewertungen oder Social-Media-Postings.
Besonders kritisch: Viele Opfer erkennen die Dynamik selbst erst spät – und noch seltener wird Gaslighting intern richtig eingeordnet oder ernst genommen. Für Personaler*innen und Führungskräfte bedeutet das: Hinschauen. Frühzeitig handeln. Und zwar SOFORT. Na, dann steigen wir wohl mal schleunigst ins Thema ein.
Definition: Was ist Gaslighting?
Der Begriff Gaslighting stammt ursprünglich aus dem gleichnamigen Theaterstück und späteren Film aus den 1940er-Jahren. Darin manipuliert ein Ehemann seine Frau, indem er unter anderem die Gaslampen im Haus dimmt – und ihr dann einredet, sie bilde sich nur ein, dass es im Raum dunkler geworden sei. Und das tut er so eindrücklich und vehement, dass sie irgendwann an ihrer eigenen Wahrnehmung zweifelt.
Genau das kennzeichnet Gaslighting: die gezielte Verunsicherung von Personen durch das Verdrehen von Tatsachen, Unterstellungen und psychologische Spielchen.
Wie äußert sich Gaslighting am Arbeitsplatz?
Gaslighting kommt nicht nur in privaten Beziehungen vor, es kann auch im Job ein Thema sein. Und das leider gar nicht mal so selten: 48,4 Prozent der Erwachsenen haben laut worldmetrics.org im Laufe ihres Lebens bereits Gaslighting erlebt. Am Arbeitsplatz äußert sich Gaslighting durch scheinbar harmlose Handlungen, die erst selten, dann aber immer häufiger passieren.
Jede Aktion ist für sich genommen nicht dramatisch, aber auf Dauer beeinflussen diese negativen Mikroimpulse das Selbstvertrauen und die Wahrnehmung von Mitarbeitenden doch erheblich.
Das tückische ist:
- Gaslighting ist schwer nachzuweisen
- Es geschieht oft subtil und unter dem Radar
- Es wird häufig nicht als klarer Verstoß gegen die Unternehmenskultur erkannt
Deshalb sagen wir Dir jetzt ganz genau, wie Du Gaslighting auf die Spur kommst.
Typische Anzeichen für Gaslighting am Arbeitsplatz
#1 Einschüchterung durch Machtspielchen
#2 Benachteiligung bei Aufgaben oder Entscheidungen
#3 Soziale Isolation
#4 Abwertung von Leistung oder der Persönlichkeit
#5 Verletzender Sarkasmus oder getarnte Witze
#6 Verleumdung und falsche Behauptungen
Die Täter des Gaslighting: Wie sie agieren – und warum
- Charismatisch, aber kontrollierend Gaslighter sind überzeugend, wortgewandt und beliebt – sie setzen diese Wirkung gezielt ein, um andere zu dominieren.
- Emotional instabil oder narzisstisch Häufig liegt eine übersteigerte Ich-Fixierung oder tief liegende Unsicherheit vor. Kritik wird als persönlicher Angriff empfunden, es folgt die Rache.
- Machtorientiert statt kooperativ Gaslighter definieren Erfolg über Kontrolle, nicht über Zusammenarbeit. Sie wollen entscheiden, wer dazugehört – und wer nicht.
- Manipulativ in der Kommunikation Sie widersprechen sich, streuen Gerüchte oder drehen Aussagen um – oft so geschickt, dass es von außen kaum nachweisbar ist.
- Gezielter Umgang mit Informationen Wichtige Inhalte werden zurückgehalten, verspätet weitergegeben oder nur selektiv gestreut – um andere abhängig oder schwach wirken zu lassen.
Hinzu kommt eine Doppelmoral im Verhalten: Nach oben hin liebenswürdig, nach unten abwertend. Im Meeting konstruktiv, im Vier-Augen-Gespräch herablassend. Viele Gaslighter zeigen sich gegenüber der Firmenleitung, HR oder Kund*innen betont freundlich – was es den Opfern zusätzlich erschwert, ihre Erfahrungen glaubhaft zu machen.
Die Folgen von Gaslighting
Umgang mit Gaslighting am Arbeitsplatz: Was HR tun kann
- Beschwerden ernst nehmen und dokumentieren: Wichtig ist, dass Betroffene das Gefühl haben, gehört zu werden – ohne Bagatellisierung oder Victim Blaming. Dokumentiere Vorfälle zeitnah, vertraulich und systematisch, auch wenn die Beweislage (noch) unklar ist.
- Gespräche führen – mit allen Beteiligten: Einzelgespräche mit Betroffenen, potenziellen Täter*innen und ggf. Zeug*innen sind wichtig. Ziel ist nicht sofortige Sanktionierung, sondern das Verständnis der Dynamik. Wichtig: Keine Konfrontation ohne Vorbereitung. Und keine Schuldzuweisung ohne klare Basis.
- Interne Experten einbinden: Wenn vorhanden: Betriebsrat, Compliance-Abteilung, Führungskraft oder eine externe Vertrauensperson hinzuziehen. Du solltest nicht allein entscheiden, sondern den Fall in professionelle Bahnen lenken – und dabei Betroffene schützen.
- Grenzen setzen und Schutzmaßnahmen ergreifen: Das können z. B. sein: Projektwechsel oder Teamtrennung, moderierte Feedbackgespräche, temporäre Kontaktvermeidung, Vermittlung psychologischer Unterstützung.
- Führungskräfte aktiv einbeziehen: Insbesondere dann, wenn sie Teil des Problems sind – oder viel zu lange weggeschaut haben. Es braucht eine klare Erwartungshaltung, ggf. Coaching oder auch personelle Konsequenzen.
- Prävention in der Organisation verankern: Nach einem Vorfall sollte die Frage lauten: Wie konnte das passieren – und was müssen wir ändern, damit es nicht wieder geschieht? Mögliche Maßnahmen können Konflikttrainings für Führungskräfte, Schulungen zum Erkennen von Gaslighting und Mikroaggressionen oder anonyme Feedbackkanäle sein.
Was Du Dir klar machen solltest: Du kannst nicht alles verhindern – aber es kann den Unterschied machen zwischen „wir schauen weg“ und „wir schützen unsere Leute“. Und genau das ist es, was moderne Mitarbeitende heute von einem fairen, zukunftsfähigen Arbeitgeber erwarten.
Was Gaslighting mit der Employer Brand macht
Für HR und Recruiter ist noch aus einem weiteren Grund besondere Vorsicht geboten, wenn das Unternehmen von Gaslighting „befallen“ ist: Denke mal darüber nach, was das mit der Wahrnehmung als Arbeitgeber – Deiner Employer Brand – macht. Denn Betroffene bleiben nicht immer still – viele teilen ihre Erfahrungen auf Bewertungsplattformen wie Kununu oder Glassdoor oder auf Social Media. Oft aus Verzweiflung, weil sie nicht gehört werden.
Und genau dort entsteht die eigentliche Gefahr für die Arbeitgebermarke:
Ein Eintrag wie „Führungskräfte manipulativ, toxisches Umfeld, keine Unterstützung durch HR“ schreckt nicht nur potenzielle Bewerber*innen ab – er wirkt auch langfristig nach. Wer sich heute bei einem Unternehmen bewirbt, googelt – und achtet auf solche Warnzeichen.
Ein schlechter Kununu-Score bringt viele davon ab, auf den Bewerben-Button in einer Stellenanzeige zu klicken. Denn psychologische Sicherheit und ein respektvoller Umgang sind für viele Bewerber*innen aus den Generationen X, Y und Z zentrale Kriterien bei der Arbeitgeberwahl.
Studien belegen das:
- Laut einer Studie von Deloitte steht für die Generation Z die psychische Gesundheit an erster Stelle (28 %), gefolgt von körperlicher Gesundheit (19 %). Zudem erwarten 83 % der Gen-Z-Bewerber*innen, dass potenzielle Arbeitgeber klare Angebote hinsichtlich Diversity & Inclusion vorweisen können.
- Auch die Generation Y (Millennials) legt großen Wert auf eine werteorientierte Unternehmenskultur. Laut einer Studie von PwC erwartet sie von ihren zukünftigen Arbeitgebern eine Unternehmenskultur, die auf Offenheit, Ehrlichkeit und gegenseitigem Respekt basiert.
- Für die Generation X sind laut Studien zwar berufliche Stabilität und finanzielle Sicherheit besonders wichtig. Dennoch gewinnen auch für sie Aspekte wie psychologische Sicherheit und ein respektvoller Umgang am Arbeitsplatz zunehmend an Bedeutung.
Wie auf einen schlechten Kununu-Eintrag reagieren?
Angenommen, es ist passiert, ein kritischer Kununu-Beitrag zum Thema Gaslighting wurde veröffentlicht. Wie kannst Du als Arbeitgeber reagieren? Unser Tipp: Positioniere Dich. Setze ein klares Statement: „Vielen Dank für das Feedback. Wir nehmen Hinweise zu unserem Führungsverhalten sehr ernst und sind dabei, entsprechende Strukturen intern zu prüfen und zu verbessern.“ Keine Rechtfertigungen, keine Diskussion – Transparenz schafft Vertrauen.
Bleib außerdem am Ball und informiere darüber, sobald es etwas Neues gibt. Teile einige Zeit später – wenn Ihr so weit seid – Informationen über konkrete Maßnahmen wie Schulungen zu psychologischer Sicherheit oder neue Feedbackformate im Unternehmen, um Gaslighting den Garaus zu machen.
Wichtig auch hier: Kein plattes „Wir sind ein tolles Team“, sondern echte Einblicke in Eure Kulturarbeit. So wird aus Kritik eine Chance zur Positionierung als reflektierter, lernfähiger Arbeitgeber.
Rechtliche Schritte gegen Gaslighting am Arbeitsplatz
Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug: In besonders schweren Fällen von Gaslighting kommt noch ein Aspekt hinzu – Du musst über juristische Schritte nachdenken. Gaslighting ist in erster Linie ein psychologisches Phänomen – aber das bedeutet nicht, dass Betroffene rechtlos dastehen. Spätestens wenn gezielt falsche Tatsachen behauptet, der Ruf geschädigt oder systematisch Informationen vorenthalten werden, kommen arbeits- und teilweise auch strafrechtliche Aspekte ins Spiel.
Wird psychische Manipulation zum Dauerzustand, kann das arbeitsrechtlich sehr wohl als Pflichtverletzung, Mobbing oder Rufschädigung gewertet werden – mit entsprechenden Folgen für Täter*innen und Unternehmen.
Wann wird Gaslighting juristisch relevant?
Gaslighting kann verschiedene Rechtsbereiche berühren:
- Rufschädigung am Arbeitsplatz: Wer wiederholt falsche Behauptungen über Kolleg*innen streut – etwa: „Sie hat gegen Datenschutzrichtlinien verstoßen“ oder „Er hat Projekte verzögert“, ohne Belege – begeht unter Umständen eine Form von übler Nachrede oder Verleumdung. Das kann zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden (§ 186, § 187 StGB).
- Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Arbeitgeber: Wenn Beschwerden ignoriert, keine Schutzmaßnahmen ergriffen oder Konflikte gezielt gedeckelt werden, kann das rechtliche Konsequenzen für das Unternehmen selbst haben. Vor allem, wenn es zu psychischen Erkrankungen, Arbeitsausfällen oder Kündigungen kommt.
- Mobbing und systematische Benachteiligung: Wird Gaslighting Teil eines strukturellen Mobbing-Prozesses (z. B. durch gezielte Ausgrenzung, dauerhafte Abwertung oder Demütigung), können arbeitsrechtliche Schritte folgen – bis hin zu Kündigungsschutzklagen, Abfindungen oder Schadensersatz.
Schadensersatz. Fazit: Gaslighting erkennen, stoppen, sich als fairer Arbeitgeber positionieren
Gaslighting am Arbeitsplatz ist mehr als ein zwischenmenschlicher Konflikt. Es ist ein strukturelles Risiko – für Betroffene, für Teams und für das gesamte Unternehmen. Psychologische Manipulation untergräbt Vertrauen, zerstört Selbstwert – und richtet dort den größten Schaden an, wo Kultur und Führung versagen.
Für HR bedeutet das: Hinschauen ist Pflicht. Wer frühzeitig erkennt, wenn einzelne Mitarbeitende systematisch abgewertet, isoliert oder manipuliert werden, kann aktiv eingreifen – bevor es zu Kündigungen, Burnout oder öffentlichen Reputationsschäden kommt.
Gleichzeitig ist der konstruktive Umgang mit solchen Themen eine Chance für jedes Unternehmen, sich glaubwürdig als fairer, reflektierter Arbeitgeber zu positionieren. Wer Gaslighting erkennt, benennt und verhindert, schützt nicht nur einzelne Kolleg*innen – sondern die Integrität der gesamten Organisation.
Eine starke Arbeitgebermarke entsteht dort, wo Menschen sich gehört, respektiert und geschützt fühlen. Wir helfen Dir, Deine Employer Brand im Recruiting zum Strahlen zu bringen. Wie, das erfährst Du gerne im Gespräch mit uns.